Hugenotten, Teil 8, Ludwig XIV.
Ludwig ist Zeit seines Lebens überzeugt davon, höherwertiger als der Rest der Menschheit zu sein. Dass er die französische Krone trägt, hält er für den Willen Gottes. Das Symbol seines Wappens ist die Sonne – daher auch der Name Sonnenkönig. So wie die Sonne im Sonnensystem, ist auch der König Mittelpunkt des Staates.
Bild im Slider: Emblem des Sonnenkönigs, Schloss Verseilles
Inszenierung des absoluten Herrschers im Staatsporträt Ludwig XIV. Die selbstbewusste Pose des mit allen Insignien seiner Macht dargestellten französischen Königs versinnbildlicht seinen durch göttlichen Auftrag legitimierten Herrschaftsanspruch. Bei Abwesenheit des Königs ersetzte es ihn als Referenzpunkte der höfischen Etikette im Thronsaal. Die von Ludwig XIV. etablierte Hofkultur, deren zentrales Symbol die herausragende Stellung und das prunkvolle Auftreten des Königs war, wurde zum Vorbild für Höfe in ganz Europa.
Ludwig XIV. im Krönungsornat, Porträt von Hyacinthe Rigaud, 1701, Musée du Louvre
Im Jahr 1643 starb Ludwigs Vater Ludwig XIII. So wurde der erst 5-jährige Ludwig 1643 zum König ernannt. Er wuchs unter der Vormundschaft seiner Mutter Anna von Österreich heran, unterstützt durch den Premierminister, Kardinal Mazarin. Nach dem Tod des Kardinals im Jahr 1661 erklärte der 22-jährige König Ludwig XIV., dass er die absolute Macht übernehmen werde. Das war der Beginn der Entfaltung des Absolutismus in seiner für das Europa des 17. Jh. prägenden Form. Der Absolutismus war eine Episode der europäischen Geschichte und dauerte kaum 200 Jahre. Als politisches Prinzip ist er viel älter und hat bis heute überdauert. Erfahrungen und Erfolge des klassischen europäischen Absolutismus bedeuteten für jeden späteren Machthaber und Diktator ein wundervolles Feld für Beweise und Vorbilder.
Zu Beginn der Regierungszeit Ludwigs, war der Adel noch sehr mächtig. Um diese Macht des Adels zu beschränken, hielt Ludwig den Adel nahe bei sich am Königshof. Der König war das Gesetz. Weil er nicht für die Durchführung der Gesetzgebung sorgen konnte, stellte der König Beamte an. Das waren Bürgerliche, die er in seinen Dienst stellte. Als Gegenleistung bekamen sie wiederum Versorgung und Schutz.
Ludwig förderte Kunst und Wissenschaft, was eine Blütezeit der französischen Kultur, insbesondere der Literatur, Architektur und Musik zur Folge hatte. Sein Wirken war auch prägend für die kunst- und architekturgeschichtliche Epoche des klassizistischen Barocks. Bestes Beispiel hierfür ist das von Ludwig erbaute Schloss Versailles, das als Höhepunkt der europäischen Palastarchitektur gilt.
Das neu entstandene stehende, also jederzeit einsatzbereite Heer, die wachsende Zahl der Beamten und die repräsentativen Paläste der Herrscher kosteten viel Geld. Deshalb versuchte der König, Einfluss auf die Wirtschaft zu nehmen, um mehr Staatseinnahmen zu bekommen. Es sollten viele Waren an das Ausland verkauft und möglichst wenige Waren im Ausland eingekauft werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden hohe Zölle auf Importwaren, also Güter, die ins Land hinein kamen, erhoben. Importiert wurden vor allem billige Rohstoffe, die dann in Manufakturen eine frühe Art der Fabrik - zu teuren Waren verarbeitet und ins Ausland verkauft wurden. Damit die Wirtschaft besser funktionierte, wurden einheitliche Masse bei Münzen und Gewichten eingeführt.
Ludwigs Politik rief überall in Europa Gegenkräfte hervor, die sich schließlich gegen Frankreich zusammenschlossen zu einer grossen Allianz. Viele Kriege und ein aufwendiger Lebensstil führten nach 62 Jahren absoluter Regierung fast zum Staatsbankrott. Schulden und die Aufrechterhaltung immer unhaltbarer werdender gesellschaftlicher Strukturen sollten eine Hauptursache der Französischen Revolution werden.
Das Schloss Versailles im Jahr 1722, am Ende von Ludwigs Herrschaft
Der französische König Ludwig XIV. war katholisch aus Überzeugung. Er sah sich als König von Gottes Gnaden und lebte seinen katholischen Glauben. Innenpolitisch rückte Ludwig den katholischen Glauben in den Mittelpunkt. Er wollte sein Volk unter diesem einen Glauben vereinigen. Die protestantischen Hugenotten waren für ihn Feinde des Glaubens. Unter Sonnenkönig Ludwig XIV. nahmen Repression und Diskriminierung stetig zu.
Gleichzeitig versuchte Ludwig die katholische Kirche in Frankreich dem weltlichen Einfluss des Papsttums zu entziehen. Durch eine expansive Aussenpolitik und mehrere Kriege löste Ludwig sein Land aus der habsburgischen Umklammerung und festigte Frankreichs Stellung als dominierende Grossmacht in Europa.
Zwei-Schwerter-Lehre
Das Verhältnis von Staat und Kirche, das Verhältnis zwischen kaiserlicher und päpstlicher Macht, beschrieb vor dem Absolutismus, während etwa 600 Jahren die Zwei-Schwerter-Lehre. Diese Lehre wurde erstmals 495 n.Chr. von Papst Gelasius I. formuliert. Die Kaiser hatten umfassend in die inneren Angelegenheiten der Kirche eingriffen. Sie definierten z.B.: die christliche Glaubenslehre und bestimmten mit Anordnungen die gesamtkirchlichen Konzilien. Dagegen protestierten die römischen Päpste, so dass es zum Bruch zwischen Rom auf der einen und dem Konstantinopel folgenden Osten auf der anderen Seite kam. Im 11. Jh. wurde Lukas 22,38 allegorisch ausgelegt, aber noch unterschiedlich interpretiert: "Die Jünger sprachen: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. Er aber sprach zu ihnen: Es ist genug." Die Auseinandersetzungen zwischen geistlicher und weltlicher Macht fand 1077 ihren Höhepunkt im "Gang nach Canossa" von Heinrich IV., wo sich der König dem Papst Gregor VII. unterwarf und vom Bann gelöst wurde. Im 14. Jh. fand das Thema eine Zuspitzung, da Papst Bonifatius VIII. die Unterordnung der Monarchen forderte. Das weltliche Schwert unterstehe dem geistlichen, es werde vom Papst eingesetzt und geduldet. Darüber hinaus solle die geistliche über die weltliche Gewalt Recht sprechen, wobei sie selbst nur Gott verpflichtete sei. Papst Bonifatius in der Bulle "Unam Sactam" vom 18. November 1302: "Beide Schwerter hat die Kirche in ihrer Gewalt, das geistliche und das weltliche. Dieses aber ist für die Kirche zu führen, jenes von ihr. Jenes gehört dem Priester, dieses ist zu führen von der Hand der Könige und Ritter, aber nur wenn und solange der Priester es will. Ein Schwert aber muss dem anderen untergeordnet sein; die weltliche Macht muss sich der geistlichen fügen, denn der Apostel sagt: "Es ist keine Obrigkeit ausser von Gott, wo aber Obigkeit besteht, ist sie von Gott verordnet."
Luthers Zwei-Reiche-Theorie
Der Herzog Georg von Sachsen hatte die Verbreitung von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in seinem Territorium verboten. In einer 1523 erschienenen Schrift "Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei", setzt Luther sich mit der Frage auseinander, ob ein Bibelverbot zu den Kompetenzen eines Fürsten gehören kann. Die Antwort ist nein, denn dies wäre die Anmassung religiöser Befugnisse durch eine weltliche Obrigkeit. Die Untertanen haben im konkreten Fall Recht und Pflicht zu passivem Widerstand, müssen aber Strafe und Verfolgung akzeptieren. Keinesfalls dürfen sie zur Selbsthilfe greifen und gewaltsam Widerstand leisten. Luther unterscheidet das Reich Gottes vom Reich der Welt. Er ordnet beiden Reichen bestimmte Menschengruppen zu: Im Reich Gottes leben nur die rechtgläubigen Christen, im Reich der Welt alle übrigen Menschen. Demnach lebt ein Christ in beiden Reichen gleichzeitig; denn er lebt nach den Prinzipien Christi und in einem Staat nach dessen Gesetzen.
Luther hat selbst nie von einer „Zwei-Reiche-Lehre“ oder Ähnlichem gesprochen. Dies wurde erst im 20. Jahrhundert üblich. Luther hat keine systematische Religions- bzw. Kirchen- und Staatstheorie entworfen. Als Gegenmodell gilt das Konzept der Königsherrschaft Christi, welches aus der Tradition des reformierten Protestantismus stammt und von Karl Barth vertreten wurde. Die These findet sich in der Barmer Erklärung, These 2, und erfuhr dadurch weiten Zuspruch, selbst innerhalb des Luthertums. Beide Modelle bieten eine Positionsbestimmung der Kirche in der modernen Gesellschaft.
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